Tilmann Moser

Edvard Munch: Dorfplatz in Elgersburg

1905/06, Sprengel Hannover

Feindliche Gruppen

Die Buben, der Junge in Grün: Mädchen sind sowas von doof. Dieses ewige Geschnatter, Gekreisch, Gegickel und Gegacker, da fallen dir ja auf Dauer die Ohren ab. Da sind ja die Enten noch besser, die kann man wenigsten braten. Beim ersten Schnee müssten die grade richtig fett ein. Die finden jetzt sowieso nichts mehr zu fressen. Am liebsten würde ich gleich eine fangen und ihr den Hals umdrehen. Aber dann helfen ihr die anderen, die sehen schon ganz schön angriffslustig aus. Nur wegen dem Schneeball? Ich hab ja gar nicht getroffen.

Der Junge mit den hellen Hosen: Jetzt kriegst du Angst , du Großmaul. Wirf Schneebälle lieber auf die Mädchen, oder hast du vor denen auch Angst?

Der Junge in Schwarz: Au ja, los, eine Schneeballschlacht! Die stehen so schön im Haufen, da trifft jeder Ball. Aber die eine schaut schon herüber, was hat die Freches gerufen? Ich glaube: “Blöde Bande!“. Das lassen wir uns nicht gefallen.

Der Junge neben ihm: Was heißt hier Schneeballschlacht? Die können doch nicht werfen. Wir können sie höchstens mal richtig einseifen, das hätten sie auch verdient. Die haben schon wieder gepetzt in der Schule, weil wir Steine nach den Katzen geworfen haben.Und wenn wir sie einseifen, gibt's schon wieder Arrest oder Strafarbeit. Lasst die doch in Frieden. Außerdem kriegst ich's dann daheim zurück von meiner Schwester, die hetzt meinen großen Bruder auf mich. Die halten immer zusammen gegen mich.

Der kleine Mützenträger links: Lasst doch endlich die Weiber in Ruhe, ihr Stenze. Oder wollt ihr sie schon poussieren. Ihr kriegt doch noch gar keinen hoch. Der Dunkle neben ihm: Du kleiner Giftzwerg, grad du musst die Klappe aufreißen, grasgrün hinter den Ohren, und noch immer Mamas Liebling, löffelt dir vor der Schule noch einen warmen Schoppen Honigmilch rein und klappt die die Ohrenschützer runter, damit Bubi nicht friert. (Alle reden aufgeregt durcheinander). Geh doch rüber und frag sie, was sie wollen. Mit dir haben sie Mitleid. Dir vertrauen sie vielleicht ihre Geheimnisse an, weil du von nichts eine Ahnung hast. (gröhlendes Gelächter)

Mützenträger: Was sollen die schon für Geheimisse haben, lachhaft! Der Dunkle: Mama merkt, dass du keine Schwester hast, sonst würdest du anders reden! Der Kleine: Ich brauche keine Schwester, um zu wissen, dass Weiber doof sind. Sagt mein Vater schon lange, wenn er besoffen ist. Von euch guckt ja auch kein einziger rüber. Aber die gucken rüber zu uns. Wer von Euch hat schon was mit einer von denen? Die mit dem roten Rock, nach wem schreit die denn? Der soll es zugeben, dass er ihr heimlich nachsteigt. Gunnar, genau dich hab ich im Verdacht, hau doch ab nach drüben.

Gunnar, einer aus der Mitte: Verzieh dich, sonst kriegst du die Fresse voll.

Der Kleine: Ich geh ja schon. Ihr langweilt mich. Meine Mama sagt, ihr seid verkommene Halbstarke, und ich soll mich lieber von euch fernhalten. Das mach ich jetzt auch. Und was mein Vater noch sagt, wenn er besoffen ist: „Gehst du zum Weibe, vergiss die Peitsche nicht!“ Solche Sachen liest der aus Büchern! Und ihr traut euch nicht einmal, die richtig einzuseifen. Feiglinge, verdammte!

(dazu Hans v. Marée, Pferdebändiger, Basel)

Die Mädchen, Grit mit dem roten Hut: Blöde Bande, Lausbuben, Tierquäler, Schulschwänzer, Abschreiber, Faulpelze…. Mehr fällt mir grade nicht ein … Die Freundin neben ihr: Gerda sei still. Wenn du so frech bist, musst du dich nicht wundern, wenn die dich immer wieder an den Haaren reißen und du dann zum Lehrer rennst, um jeden anzuzeigen. Der hört dich schon gar nicht mehr an, weil er weiß, du beschimpfst sie. Was hast du nur so grässlich gegen sie?

Die mir der dunkle Haube neben ihr: Da hat sie doch recht. Im Sommer am Fluss hat mir einer die Badehose versucht runter zu reißen, ich weiß nicht mal, wer's war, so sehr habe ich mich geschämt und bin wegen dem Gelächter weggerannt und nie mehr dort schwimmen gegangen.

Sigrun mit dem hellroten Pullover: Das war böse und gemein. Aber nie würde ich mich trauen,so zu schimpfen wie Grit, aber anzeigen wollt ich den auch nicht, aus Scham, und weil ich Angst hatte, er rächt sich.

Die Dunkle abseits, Sigrun: Aber das sind doch nicht alle unsere Feinde. Mit einzelnen kann man ab und zu spielen, und einer lädt mich sogar zu seinen Eltern ein und zeigt mir dann Rechnen.

Else mit dem schwarzen Rock: Du machst dich Liebkind bei denen und guckst nach seinem großen Bruder. Du bist eklig und hältst nicht zu uns. (empörtes Geschrei)

Eine aus dem Hintergrund: Und du bist gemein und unzuverlässig, du hast immer eine andere beste Freundin! Pfui! Mit dir kann man gar nicht zusammenhalten. Und die Anderen machst du schlecht, wenn jemand dir nicht mehr gefällt.

Eine andere Verdeckte: Lasst uns trotzdem wieder zusammen halten gegen die, dann trauen sie sich weniger.

Else: Die tun mir manch mal auch Leid. Nach dem Turnunterricht sind die so erschöpft, zwei mal in der Woche. Der Turnleid hat kein Mitleid. Und was denen bald bei den Soldaten droht, das erzählt mir mein Bruder. Die werden geschunden und müssen durch den Dreck robben.

Grit: Das geschieht denen gerade recht, das ist gut gegen den Übermut.

Die Buben: Wir gucken nicht hin zu euch, wir wollen euch nicht mehr sehen heute. Blöde Görenbande. Streberinnen. Ja ja, die braven Mädchen, in der Klasse schön tun, aber petzen.

Grit: Ihr braucht nicht zu gucken. Guckt in den Mond. Gott sei Dank ist Wochenende.